Bayerische Schmankerl 2

Heribert Maria Link

Ein Ortsbrief der 1. Gewichtsstufe innerhalb Nürnbergs ist keine große Besonderheit. Aber: wenn eine besonders schöne vollrandige gelbe 1 Kreuzer Marke auf einem blauen Faltbrief klebt und durch einen Luxusabschlag des schwarzen Nürnberger Zweikreisstempels entwertet worden ist, dann ist das schon etwas Besonderes.

Hier kommt noch „erschwerend“ hinzu, dass in der rechten oberen Ecke ein blauer Absenderstempel zu sehen ist. „FABRIK AETHERISCHER OELE VON E: SACHSSE & CO“. Der Fabrikant heißt nicht nur Sachsse, diese Fabrik hat auch ihren Sitz in Leipzig. Der Brief hätte von Leipzig aus nach Nürnberg (30 Meilen = 229 km Luftlinie) 3 Neugroschen gekostet, das entspricht - nach dem DÖP-Vertrag - in Bayern 9 Kreuzer. Durch das Überbringen der Rechnung nach Nürnberg (z.B. durch einen Reisenden auf Deutsch: Forwarding) wird aus dem Brief der 1. Gewichtsstufe über 20 Meilen im DÖP ein Ortsbrief in Bayern. Und nun kostet die Firmenrechnung nur noch 1 Kreuzer. Herr Sachsse sparte 8 Kreuzer, Sachsen bekam null, und Bayern bekam 1 Kreuzer geschenkt. Wäre der Brief von Leipzig aus geschickt worden, hätte Bayern für die gleiche Zustellung null Kreuzer bekommen. Da man davon ausgehen kann, dass die Firma Sachsse & Co. nicht nur diesen einen Brief nach Bayern geschickt hat, kam bestimmt eine ganz schöne Summe der „Porto“-Ersparung zusammen. Übrigens im Wirtshaus bekam man zu dieser Zeit für 6 Kreuzer einen Schweinsbraten mit Klößen und Kraut.